Geographisch liegt Guanaja genau zwischen Kolumbien und den USA. Das wissen auch die Drogenhändler und sie wissen es auch zu nutzen. Einer der zahlreichen Transportwege des weißen Goldes führt direkt über die Insel. Und das geht so: ein kleines Flugzeug startet in Kolumbien oder auch gern in Venezuela und fliegt direkt nach Guanaja. Tagsüber kann so eine Maschine natürlich nicht landen, das wäre zu auffällig. Also passiert die Geschichte in der Dunkelheit der Nacht. Der Flughafen ist nicht für Nachtflugverkehr geeignet, es gibt keinerlei Beleuchtung. Es gibt aber Helfer, die die Landepiste beleuchten - mit Fackeln oder Lichterketten. Das Flugzeug landet und dann geht alles ganz schnell. Die Fracht wird aus- und in schnelle offene Boote umgeladen. Diese Boote sind mit zwei, manchmal auch drei PS-starken Außenbordmotoren ausgestattet. Nach dem Auftanken des Flugzeugs verschwindet dieses wieder in die dunkle Nacht. Die Boote starten in Richtung Yucatan/Mexiko. Von dort aus geht es dann weiter in Richtung Norden in die USA. Die Bevölkerung hört den Flieger natürlich, und jedermann weiß auch, was da vor sich geht. Aber jeder schweigt. Auch die Polizei.
Vor einiger Zeit nahmen die nächtlichen Landungen wohl überhand, da schlug das honduranische Militär dann mal zu - ich glaube, mit Hilfe der amerikanischen Drogenpolizei. Eine Maschine wurde gestürmt, es gab eine wilde Schießerei und man stellte einige Tonnen Kokain sicher. Pilot und Copilot, so stand es in der Presse, seien entkommen. Die kleine Cessna stand danach einige Wochen auf dem Flughafen, von schwerbewaffneten Soldaten bewacht. Eines der vielen Einschußlöcher befand sich im Seitenfenster des Cockpits, in Kopfhöhe des Piloten. Die Nachricht von der Flucht der Piloten durfte man danach wohl anzweifeln.
Nach dem Vorfall wurde es ruhig um Guanaja. Man hörte Gerüchte, dass die Nachbarinseln Roatan und Utíla angeflogen würden.
Nach ein paar Monaten konnte man aber wieder nächtliche Fluggeräusche über dem Inselhimmel vernehmen.
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