Montag, 16. August 2010

200 Tage Pepe Lobo


Normalerweise gibt man einem Politiker, der ein neues Amt antritt, eine Karenzzeit von 100 Tagen. Nach 100 Tagen geben die Medien eine erste Bewertung zu dessen Amtsführung ab.
Angesichts der schwierigen politischen Rahmenbedingungen, unter denen Porfirio Lobo Sosa die Präsidentschaft seines Landes am 27. Januar 2010 übernommen hat, wurden ihm 200 Tage gegeben, sich in sein Amt einzufinden.

In diesen vergangenen 6 Monaten hat Herr Lobo seine Kraft dafür eingesetzt, das Land wieder auf die internationale Bühne zu bringen. Die Absetzung des Präsidenten Manuel Zelaya im Juni 2009 hatte das Land international isoliert und dessen Rauswurf aus der Organisation amerikanischer Staaten (OAS) und einigen anderen Bündnissen zur Folge. Und in diese Staatenbünde möchte Honduras nun wieder hinein. Die Bemühungen des Landes waren nicht ohne Erfolg, allerdings läßt sich die OAS mit seiner Entscheidung ein wenig Zeit. Viele Länder haben die Regierung Lobos mittlerweile anerkannt, vor ein paar Tagen erst hat Chile seinen Botschafter wieder in die Hauptstadt Tegucigalpa geschickt.

Währenddessen haben sich allerdings die innenpolitischen Probleme allesamt dramatisch verschärft.

Die Sicherheitslage im Land verschlechtert sich zunehmend. Da sind zum einen die Drogenkartelle, die sich im Land einen erbitterten Kampf um die Vorherschaft der Transitwege liefern. Es vergeht kein Tag, an dem nicht mehrere Morde im Land passieren. Die Mordrate ist exorbitant. Aber auch die Kleinkriminellen scheuen nicht davor zurück, für ein Mobiltelefon zu töten. Tendenzen einer Verrohung der Gesellschaft sind unübersehbar.
In den Großstädten herrschen kriminelle Banden, die Schutzgelder von Geschäftsleuten eintreiben, im Drogenhandel tätig sind und die Bürger terrorisieren.

Die Regierung gibt sich hilflos, ein Sicherheitskonzept gibt es nicht. Die Polizei ist unterbezahlt und daher anfällig dafür, sich von diesen Banden kaufen zu lassen.

Die Korruption ist ein Thema, das aber nicht nur die Polizei und andere Behörden betrifft. Auch im Bildungssystem ist sie immanent. Lehrer, die auf der Gehaltsliste des Staates stehen, aber nie im Klassenzimmer erscheinen, sind kein Einzelfall.
Andere strukturelle Probleme sind dauerstreikende Lehrer und der damit einhergehende Unterrichtsausfall, schlecht ausgestattete Schulen und ein Lehrplan, der vorsintflutartig anmutet.

Bei seiner Antrittsrede hat Pepe Lobo die Lehrerschaft direkt angesprochen und sie auf ihre Verantwortung hingewiesen. Die Streiks sind ein Dauerthema, das das Land sicher seit 10 Jahren begleitet. Auch zur Zeit besetzen die Lehrer wieder Straßen und Brücken und streiken. Die Regierung scheint auch hier kein Rezept zu haben, dieses altbekannte Problem in den Griff zu bekommen. Richtig ist, dass die Lehrer, die eigentlich gut bezahlt werden, in der Vergangenheit ihr Geld nicht bekommen haben. Die andere Seite der Medaille ist allerdings die, dass die gut organisierte Lehrergewerkschaft ständig neue Forderungen stellt.
Opfer dieser Bildungsmisere sind die Kinder, deren Zukunftschancen düster aussehen. Im Vergleich zu den Nachbarländern liegt das Bildungsniveau Honduras auf dem letzten Platz. Es braucht keinen Propheten, um vorauszusagen, welche Folgen das für die Gesellschaft in Honduras haben wird.

Die Wirtschaft ist auf qualifizierte Kräfte angewiesen, will sie wachsen und in der globalisierten Welt bestehen. Schlechte Vorzeichen für das Land. Internationale Investoren haben Honduras im Zuge der politischen Krise im vergangenen Jahr scharenweise verlassen. Sie kommen nur langsam zurück. Die Arbeitslosigkeit hat ein Rekordniveau. Die Hälfte der Bevölkerung ist jünger als 20 Jahre - die Probleme, auf die das Land zurast, werden sich dramatisch verschärfen.

Pepe Lobo reist derweil durch die Welt, verhandelt mit den großen Staatslenkern dieser Welt und sorgt sich mehr darum, wie er den im Exil lebenden Manuel Zelaya wieder ins Land zurückholt, ohne sein Gesicht zu verlieren.
Es gibt wirklich Wichtigeres, Herr Lobo.

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