Dienstag, 30. Juni 2009

Hoffnung für Honduras Demokratie

Ganz langsam, ganz zaghaft liest man heute morgen in einigen Zeitungen, dass es doch wohl kein Militärputsch war. Ganz langsam setzt sich hoffentlich die Meinung durch, dass die Honduraner zur Verteidigung ihrer demokratischen Verfassung gehandelt haben.

Manuel Zelaya war auf dem Weg, die jetzige Verfassung abzuschaffen. Und zwar nicht nur, um sich eine Wiederwahl zu sichern, die die jetzige Verfassung nicht vorsieht. Sondern um eine neue Verfassung zu schaffen. Eine Verfassung, von der zu befürchten war, dass es in ihr um Rechte wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Eigentum nicht gut bestellt sein werde.

Was der jetzigen Verfassung allerdings fehlt, ist ein Verfahren zur Absetzung eines Präsidenten, sein Amt mißbraucht und die Gesetze nicht achtet. Eine Art "impeachment" nach amerikanischem Muster oder ein Mißtrauensvotum, wie es unser Grundgesetz vorsieht, kennt die honduranische Verfassung nicht.
So waren Legislative und Judikative in Honduras in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt.

Man darf dabei nicht vergessen, dass dem militärischen Eingreifen einiges vorausgegangen war. Zunächst hatte der Präsident das Urteil des obersten Gerichtshof, nach dem die Volksbefragung unzulässig war, ignoriert. Auch dem gleichlautenden Parlamentsbeschluß ordnete er sich nicht unter. Das Militär war in einer großen Zwickmühle: sollte es dem Präsidenten gehorchen und die Volksbefragung organisiseren und damit verfassungswidrig handeln? Die oberste Führung entschied sich für die Verfassungstreue und wurde daraufhin vom Präsidenten abgesetzt.

Was blieb den Staatsorganen für eine Wahl? Sie konnten nur den Präsidenten festnehmen lassen. Vielleicht wäre es klüger gewesen, die Polizei hätte gehandelt. Dass Militäraktionen international wenig Zuspruch finden würden, damit hätte man rechnen müssen.

Allerdings sollte die internationale Gemeinschaft nicht aus den Augen verlieren, dass es sich nicht um einen Militärputsch handelte. Das Militär hat keine Ambitionen, die Macht an sich zu reißen. Der Interimspräsident Roberto Micheletti hat ebenfalls keine Absichten, sich in diesem Amt gemütlich einzurichten. Er hat umgehend angekündigt, dass die im November regulär angesetzten Präsidentschaftswahl stattfinden werde. Das Parlament steht mit großer Mehrheit hinter der Absetzung des Präsidenten. Als Volksvertreter repräsentieren sie das Volk. Und das Volk selbst stimmt dem Vorgehen offenbar zu. Schaut man ins Land hinein, so ist die Lage ruhig. Vor dem Präsidentenpalast demonstrierten ein paar Hundert Zelaya-Anhänger. Nicht Tausende, nur Hunderte. Die Mehrheit der Honduraner hingegen feierte in privaten Kreisen die Absetzung des Präsidenten und die Verteidigung ihrer Demokratie.

Sollte die internationale Gemeinschaft, allen voran die Amerikaner, nun weiterhin eine Wiedereinsetzung des alten Präsidenten in sein Amt betreiben, so schaffen sie sich selbst eine neue kommunistisches Regime vor ihrer Haustür. Bislang jedenfalls darf sich Hugo Chávez ermutigt fühlen, seine Soldaten nach Honduras zu schicken, um seinen Freund Mel Zelaya gewaltsam wieder ins Amt zu hieven.

Montag, 29. Juni 2009

Die Bewertung der Lage in Honduras

Die internationalen Reaktionen erstaunen.
Sowohl Obama und seine Außenministerin Hillary Clinton als auch die EU verurteilen die Festnahme des honduranischen Präsidenten scharf. Warum eigentlich? Wenn das Militär einen Präsidenten stürzt, so wird gen reflexartig dagegen protestiert. Militär: das bedeutet automatisch nichts Gutes.
In Honduras lohnt allerdings der genaue Blick auf die jüngste Vergangenheit.
Wir haben es nicht mit einem Mitlitärputsch zu tun. Das Militär hat in Honduras nicht die Macht übernommen. Was wirklich passiert ist, fasst dieser Artikel (in englischer Sprache) sehr gut zusammen:

In Honduras war es diesmal der Präsident, der sich über die Gesetze stellte. Er ignorierte das oberste Gericht, das Parlament. Die Gewaltenteilung, das System der checks-and-balance funktionierte hier nicht.

Um die Verfassung und damit die demokratische Ordnung zu bewahren, erklärte das oberste Gericht die Volksbefragung für illegal. Und auch das Militär handelte aufgrund einer rechtlichen Befugnis des obersten Gerichts. Der Kongresspräsident ist bereits als Interimspräsident eingeschworen. Das Militär hat NICHT die Macht übernommen.

Wirkliche Sorgen bereitet allerdings die Sondersitzung der ALBA, unter dem Vorsitz von Hugo Chávez. Wenn venezolanisches und nicaraguanisches Militär nach Honduras einmarschieren, um den Präsidenten wieder an die Macht zu bringen, wird das Land in Chaos stürzen.

Die internationale Gemeinschaft sollte die demokratischen Kräfte im Land JETZT stärken, anstatt sich hinter Manuel Zelaya zu stellen!

Sonntag, 28. Juni 2009

Zelaya festgenommen

Heute morgen gegen 6.00 Uhr, noch bevor die Wahllokale öffnen konnten, umstellte das Militär den Präsidentenpalast und nahm den Präsidenten fest. Nach Presseangaben wurde er zu einer Militär-Flugbasis gebracht. Zur Stunde kursieren Gerüchte, dass er das Land verlassen hat und in Costa Rica oder Venezuela ist.

Weitere Gerüchte besagen, dass nicaraguanische Soldaten die Grenze nach Honduras passieren. Mehrere zelayatreue Sender und Internetauftritte von regierungstreuen Zeitungen sind ausgeschaltet. Man kann nur hoffen, dass die Lage im Land in den nächsten Stunden und Tagen nicht eskaliert

Szenarien für die Zukunft des Landes:

Das Militär findet Gefallen an der Macht, Honduras fällt zurück in die Zeiten der frühen 80 Jahre. Da die Militärführung in dieser Krise jedoch mehrfach betont hat, dass sie sich als Hüter der Verfassung und Demokratie sieht, hoffe ich, sie gibt die Macht schnell ab und unterstützt diejenigen Kräfte im Land, die im November reguläre Wahlen abhalten will.

Herr Zelaya und Herr Chávez hecken einen bösen Plan aus, indem sie Truppen ins Land schicken, um Herrn Zelaya wieder an die Macht zu bringen. Das könnte Krieg bedeuten. Worst case!

Die Verfassung sieht vor, dass der Präsident des Kongresses die Macht übernimmt, bis im November (oder eher) ein neuer Präsident gewählt wird. Diese Lösung setzt allerdings voraus, dass die Bevölkerung im Land mitspielt und es nicht zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommt. Sollten sich die demokratischen Kräfte im Land durchsetzen, würde die junge Demokratie gestärkt aus dieser sicher schwersten Krise seit Bestehen der Verfassung 1982 hervorgehen. Ich hoffe sehr darauf.

Die Reaktionen aus dem Ausland, vor allem die der EU, welche die Festnahme des Präsidenten scharf kritisiert, kann ich nicht nachvollziehen, stärken sie doch zur Zeit nur die Kräfte um Hugo Chávez, die Honduras zu einem zweiten Venezuela machen wollen.

Freitag, 26. Juni 2009

Die politische Lage spitzt sich zu

Wenige Tage vor der geplanten Volksbefragung spitzt sich die Lage zu.



Das Thema der "vierten Urne" bzw. die Frage einer neuen Verfassung hat in den letzten Monaten das Volk tief gespalten. Der oberste Gerichtshof, die Mehrheit des Kongresses, namhafte Juristen und Teile der Zivilgesellschaft halten die Pläne des Präsidenten für illegal und werfen ihm vor, die Demokratie abschaffen und ein autokratisches System mit sozialistischer Wirtschaftsordnung aufbauen zu wollen. Venezuela läßt grüßen!

Tatsache ist, dass der Präsident keine konkreten Vorschläge dazu gemacht hat, wie eine neue Verfassung aussehen und warum die derzeitige Verfassung abgeschafft werden soll. Der Slogan "Mehr Demokratie" ist wenig gehaltvoll. Plebiszitäre Elemente enthält die derzeitige Verfassung bereits. Die Wiederwahl des Präsidenten soll eingeführt werden - ja, Herr Zelaya möchte weiter regieren.
Eine gerechtere Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung soll es geben. Konkretes erfuhr man bislang nicht.
Das Volk weiss also eigentlich gar nicht, wofür oder wogegen es stimmen soll.

Seit einigen Tagen schwillt der Protest gegen die geplante Befragung merklich an.
Foto: La Prensa
Es gab zahlreiche Demonstrationen zur "Verteidigung der Demokratie", Tausende Menschen gingen auf die Straße. Und auch im politischen Machtgefüge fängt es nun an zu brodeln. Wußte man bisher nicht so genau, wo das Militär steht, so weiss man es seit zwei Tagen. Da hat der Präsident die oberste Militärführung abgesetzt. Nachdem General Romero Vásquez Velásquez seine Entlassungsurkunde erhalten hatte, traten aus Solidarität die Chefs der Marine, der Luftwaffe und des Heeres zurück. Und auch der Verteidigungsminister verließ sein Amt.
Ein schwerer Rückschlag für den Präsidenten.

Gestern überschlugen sich die Ereignisse. In einer Sondersitzung des Kongresses wurde über die Absetzung des Präsidenten beraten. Die oberste Wahlbehörde wies das Militär an, die Wahlunterlagen für die am Sonntag geplante Volksbefragung einzuziehen. Gefolgsleute des Präsidenten konnten die Unterlagen aber später wieder in ihre Gewalt bringen. Der oberste Gerichtshof entschied in einem Eilverfahren, dass die Absetzung der Militärführung unrechtmäßig war und beschloß die Wiedereinsetzung des Generals Velasquez in sein Amt.

Reaktionen aus dem Ausland kamen prompt - interessanterweise aber nur von Zelayas Freunden - Fidel Castro aus Kuba solidarisierte sich gleich mit ihm, Hugo Chávez schlug härtere Töne an und bot seine Hilfe an. "Wir sind bereit, das zu tun, was getan werden muß, um den Willen des Volkes zu realisieren". Ist das als Drohung zu verstehen?

Es sieht so aus, als seien die nächsten Tage zukunftsweisend - für Honduras.

Dienstag, 23. Juni 2009

Politische Einflußnahme

Stellen Sie sich vor, sie sind krank und begeben sich zum Zwecke einer Behandlung in ein öffentliches Krankenhaus. Dort werden Sie zunächst danach gefragt, ob Sie für oder gegen die staatliche Opelhilfe sind. Sind Sie dagegen, werden Sie freundlich wieder nach Hause geschickt. Die "falsche" Meinung verwehrt ihnen den Zutritt zu medizinischer Behandlung.
Ziemlich absurde Vorstellung, nicht wahr?

Nicht so in Honduras. Die Tageszeitung "el heraldo" veröffentlichte am 21. Juni genau so eine Geschichte. Eine Frau hatte eine Darminfektion und wurde im öffentlichen Krankenhaus in Tela danach gefragt, ob sie für oder gegen die sogenannte "4. Urne", die nach der Einsetzung einer verfassungsgebenden Versammlung mit dem Ziel einer neuen Verfassung fragen soll, sei.
Sie antwortete, sie sei dagegen. Man bedauerte, in diesem Fall könne man die Patientin nicht behandeln. Nach einer Order des Präsidenten hätten Personen, die nicht mit der Volksbefragung einverstanden seien, keinen Anspruch auf medizinische Versorgung oder Medikamente......

Montag, 15. Juni 2009

Politische Entwicklungen- Teil 4

In den vergangenen Wochen machten Kongress, Teile der Zivilgesellschaft, Teile der Justiz und die Presse gegen die präsidialen Pläne einer Volksbefragung mobil. Scheinbar ohne Erfolg, denn nun hat das Militär begonnen, Vorbereitungen für den großen Tag der Befragung zu treffen.

Die Opposition scheint sich damit abgefunden zu haben, dass diese Befragung stattfinden wird - obwohl sie sie für gesetzeswidrig hält. Auch die schnelle Neufassung eines Gesetzes, das Volksabstimmung und Plebiszit regelt, hat keinerlei Auswirkungen mehr auf die angesetzte Volksbefragung.

Stattdessen scheint man sich nun auf die im November stattfindenden Präsidentschaftswahlen zu konzentrieren.
Es häufen sich Meldungen , die Zweifel an der Durchführung der Wahl aufkommen lassen. So ist beispielsweise die Gelder, die für die Wahlvorbereitung und -durchführung erforderlich sind, von der Regierung noch nicht freigegeben worden.
Der amerikanische Botschafter in Honduras Hugo Llorens hat vorgestern die Bedeutung freier Wahlen für die junge Demokratie des Landes hervorgehoben. Warum sollte er das tun, wenn er sich nicht sorgen würde.

Die oberste Wahlbehörde "Tribunal Supremo Electoral" TSE meldete am Montag, dass sie im November mindestens 4000 ausländische und um die 30.000 inländische Wahlbeobachter zulassen werde. Die allgemeinen Wahlen werden die transparentesten in der honduranischen Wahlgeschichte sein. Das alles sind klare Aussagen pro Wahl -

verbunden mit der Hoffnung, dass ein neu gewählter Präsident die Hände von der Verfassung lassen möge....

Samstag, 6. Juni 2009

Politische Entwicklungen- Teil 3

Der Plan des honduranischen Präsidenten, das Volk im Juni befragen zu lassen, ob es eine neue Verfassung will, stößt auf immer mehr Widerstand.

Nach seiner Vorstellung soll das Volk Ende Juni danach gefragt werden, ob es im im Rahmen der Wahlen im November eine sog. "4. Wahlurne" möchte, in der über die Einberufung der Verfassungsgebenden Versammlung abgestimmt wird. Der Begriff der "cuarta urna" bezieht sich darauf, dass bei den alle vier Jahren stattfindenden Präsidentschaftswahlen neben dem Präsidenten auch der Kongress und die Bürgermeister gewählt werden. Das sind drei Wahlgänge, zu denen nun die beschriebene vierte Wahl hinzugefügt werden soll.

Allerdings hat der Präsident diese Idee weder dem Kongress zur Entscheidung vorgelegt noch hat er sich zu den Inhalten einer neuen Verfassung konkret geäußert. Er konnte bis heute den Verdacht nicht ausräumen, dass er -länger als die Verfassung es erlaubt- an der Macht bleiben will.

Die Gegner dieser "cuarta urna" haben das Dekret angefochten, das Gericht hat die
Volksbefragung für unzulässig erklärt. Den Präsidenten allerdings beeindruckt das wenig.

Die Vorbereitungen für die Volksbefragung laufen, das Militär ist scheinbar auf der Seite des Präsidenten, betont dieser immer wieder, dass die Soldaten die ordnungsgemäße Durchführung der Umfrage sicherstellen werden.

Die Kirche, die Opposition und auch die Mehrheit des Parlaments laufen Sturm.
Der Parlamentspräsident wies Herrn Zelaya darauf hin, dass er als Präsident nicht über dem Gesetz stehe und forderte ihn auf, das gerichtliche Urteil zu akzeptieren. Das Militär wurde öffentlich aufgefordert, Recht und Demokratie zu verteidigen.

Gestern verdichteten sich Gerüchte über einen bevorstehenden Staatsstreich des Präsidenten und des Militärs. Die Menschen stürmten in die Supermärkte und deckten sich mit Lebensmitteln ein, an den Tankstellen gab es lange Warteschlangen.
Foto: El Heraldo

Der oberste Heeresführer Romero Vásquez Velásquez trat daraufhin öffentlich auf und versuchte die Massen zu beruhigen. Es handele sich nur um Gerüchte. Auch Herr Zelaya beeilte sich, öffentlich zu erklären, die Zeiten der Staatsstreiche sei seit 30 Jahren vorbei. Alles nur dummes Geschwätz von Leuten, die Angst vor der öffentlichen Meinung hätten.
Dieser Spruch ist allerdings scheinheilig, scheut er doch selbst die öffentliche Meinung. Die Presse wurde in den vergangenen Jahren mehrfach Ziel seiner Angriffe. Erst beklagte er, die Presse würde immer nur negativ über ihn berichten und versuchte, mit einem Regierungssender seine Regierungsführung ins "rechte Licht" zu rücken. Regierungskritische Journalisten wurden eingeschüchtert, einige wurden bedroht, zwei Journalisten wurden gar ermordet.
Als das Land der ALBA beitrat, wurden Leute vom Land im großen Stil dafür bezahlt, sich mit Bussen in die Hauptstadt fahren zu lassen, um dort den Feierlichkeiten beizuwohnen und dem Präsidenten zuzujubeln.

Der Machtkampf geht in den nächsten Tagen in eine neue, wenn nicht entscheidende Phase. Es bleibt spannend.